Was wenn Russland gewinnt?
Der NATO-Gipfel in Den Haag hat begonnen – und das, was ich bisher davon mitbekommen habe, ist beeindruckend. Ja, es kostet Geld. Und ja, wir werden in Zukunft mehr für Verteidigung ausgeben. Mehr ausgeben müssen. Das ist keine schöne Nachricht, aber eine notwendige Realität.
Hier ist ein LIVE Mitschnitt von Reuters von der Ankunft der Staats- und Regierungschefs in Den Haag und dem Beginn des NATO-Gipfels: LIVE: Leaders of NATO countries gather in The Hague | REUTERS
Doch bei aller berechtigten Fokussierung auf Abschreckung und militärische Stärke dürfen wir nicht vergessen, worum es letztlich geht: den Frieden. Wir müssen darüber sprechen, wie wir ihn erhalten können. Wie wir ihn schützen – gerade in einer Zeit, in der er wieder offen angegriffen wird. Und wenn wir dafür die Ausgaben für Verteidigung erhöhen müssen, dann ist das eben so. Es ist eine Investition in unsere Sicherheit, in unsere Freiheit und in unsere Zukunft.
Solange jedoch Wladimir Putin an der Macht ist, wird eine echte Friedensperspektive schwierig. Denn der Glaube, dass er verhandlungsbereit sei, ist eine Illusion. Putin will nicht verhandeln. Er will durchsetzen. Seine Interessen, seine Vision von einem wiedererstarkten Russland. Ohne Druck wird er nicht an den Verhandlungstisch kommen – und schon gar nicht in guter Absicht.
Ich halte es für falsch, dem Westen eine Mitschuld an Putins Verhalten zu geben. Der russische Präsident folgt keiner rationalen Sicherheitslogik, sondern einer imperialistischen Ideologie. Er träumt von einem großrussischen Reich vergangener Jahrhunderte. Der Verweis auf angebliche „Sicherheitsinteressen“ ist nicht mehr als ein Vorwand, um Expansion, Krieg und Gewalt zu legitimieren.
Putins Ziel ist nicht Sicherheit – es ist Dominanz.
Deshalb müssen wir uns endlich von dem Gedanken verabschieden, dass Putin aufhören würde, wenn man ihm nur gibt, was er verlangt. Das Gegenteil ist der Fall: Wenn er bekommt, was er will, wird ihn das nur ermutigen. Ein Sieg in der Ukraine würde nicht zum Frieden führen – er würde seinen Appetit vergrößern. Dann wäre der nächste Schritt vielleicht Moldau. Oder Georgien. Oder ein hybrider Angriff auf die baltischen Staaten.
Putin setzt auf Gewalt, auf Terror gegen die Zivilbevölkerung, auf Einschüchterung und Destabilisierung. Er akzeptiert nur Stärke – und versteht nur Grenzen, wenn sie ihm gesetzt werden.
Wir im Westen haben uns daran gewöhnt, dass am Ende irgendwie alles gut ausgeht. Dass Diplomatie, Vernunft und Verhandlungen letztlich siegen. Doch was, wenn das diesmal nicht so ist?
Was, wenn Russland gewinnt?
Diese Frage sollten wir uns stellen. Nicht, um Angst zu machen. Sondern um endlich die Entschlossenheit aufzubringen, die es braucht, um Freiheit und Frieden nicht nur zu beschwören, sondern tatsächlich zu verteidigen.